Boris Kranz, 1. Vorsitzender des Pfalzwein e.V.
Boris Kranz, 1. Vorsitzender des Pfalzwein e.V. © Boris Kranz

Hallo Herr Kranz, in diesen Tagen geht die Weinlese in der Pfalz in ihre entscheidende Phase. Die meisten Weingüter haben bereits oder beginnen in Kürze mit der Lese ihrer Trauben. Wie sind die Voraussetzungen in diesem Jahr für eine erfolgreiche Ernte? Und wie fällt der neue Jahrgang aus?

Kranz: Die Trauben sind in einem hervorragenden Zustand. Das Gleichgewicht zwischen Säure und Frucht stimmt, die Reife ist in einem gleichmäßigen Zustand. Alles ist also angerichtet für eine erfolgreiche Weinlese und einen außerordentlich guten Jahrgang 2020. Auch die Wetterverhältnisse stimmen mich positiv. Den Regen aus den vergangenen Wochen haben wir Winzer gerne angenommen. In diesen Tagen wird die Lese aufgrund der sommerlichen Temperaturen schnell aber ohne Hektik eingefahren. Durch die stabile Wetterlage bleibt für die Winzer zudem Spielraum, die gewünschte Weinstilistik durch den Lesezeitpunkt zu bestimmen.

Für uns alle und damit auch für die Winzerinnen und Winzer in der Pfalz ist dieses Jahr ein ganz besonderes, geprägt von vielen Einschränkungen und Entbehrungen durch den Covid-19-Virus. Welche Auswirkungen hatte der Virus auf die Betriebe in den Monaten März-August und mit welchen Problemen ist in den kommenden Wochen während der Weinlese zu rechnen?

Kranz: Hier muss man natürlich zunächst einmal den Ausfall aller Weinfeste erwähnen. Für sehr viele Betriebe war das ein großer Rückschlag. Genauso die Schließungen der Gastronomie- und Hotelleriebetriebe. Wie ein Weingut am Ende aus der Krise kommt, liegt auch an der Ausrichtung des Betriebes in Sachen Vertrieb. Über die gesamte Pfalz hinweg denke ich, dass die Ausfälle im Großen und Ganzen gute kompensiert werden konnten. In die Karten gespielt hat uns hierbei sicher, dass das Privatkundengeschäft zugelegt hat – vor allem flächendecken im Handel und über diverse Online-Kanäle.

Riesling und die Burgundersorten sind Aushängeschilder des Pfälzer Weinbaus. Dennoch gibt es jedes Jahr auch weitere Rebsorten, die ihre Marktanteile steigern. Welche Trends können sie aktuell entdecken, welche Sorten sind auf dem Vormarsch?

Kranz: Stark nachgefragt werden vor allem aromatische Rebsorten wie Scheurebe, Sauvignon Blanc oder Muskateller. Generell geht ein Trend definitiv eher zu Weißweinen. Die aromatischen Rebsorten können auch gut alternativ ausgebaut werden z.B. als PetNat oder hefetrüb. Leichte fruchtige Weine werden sich auch in Zukunft großer Beliebtheit erfreuen.

Der Klimawandel ist kein Thema für die Zukunft, sondern für heute. Was bedeutet das für die Winzerinnen und Winzer in der Pfalz – werden in den kommenden Jahren neue Rebsorten in der Pfalz angebaut und welche Sorten werden es bei weiteren klimatischen Veränderungen schwer haben?

Kranz: Ich sehe das ganze Thema zweigeteilt. Wir arbeiten Hand in Hand mit der Natur und sehen tagtäglich die Veränderungen des Klimas. Der Klimawandel ist längst da und zwingt uns zu Anpassungen. Ich sehe das aber eher positiv. Winzer haben noch die Möglichkeit gegenzusteuern bzw. weinbauliche Veränderungen vorzunehmen. Der Zeitpunkt der Lese wird zum Beispiel immer früher. Bei den einzelnen Rebsorten sehe ich praktisch keine Verlierer. Selbst die Frische und Eleganz, die den Riesling auszeichnet, kann gehalten werden.

Auch für die Pfalzwein-Werbung war das Jahr kein Einfaches. Der Wegfall von Veranstaltungen wie Weinfesten oder Weinmessen sorgte für strukturelle Veränderungen und neue Maßnahmen, um Werbung für den Pfälzer Wein zu machen. Digitale Maßnahmen rund um die sozialen Netzwerke von Pfalzwein boomen. Kann man sagen, dass die Corona-Krise zwangsläufig für eine Beschleunigung des Digitalisierungsprozess in der Branche gesorgt hat – also doch ein positiver Aspekt inmitten der Krise?

Kranz: Definitiv können und müssen wir aus der Krise unsere Lehren, aber auch die positiven Aspekte ziehen. Online-Shops boomen und funktionieren auch in der Weinwelt hervorragend. Generell müssen wir uns stetig hinterfragen und überlegen, ob unser Handeln noch zeitgemäß ist. Winzer müssen neue Wege gehen, um langfristig zu bestehen. Das ist unsere tägliche Herausforderung.

Vielen Dank für das Gespräch und Ihnen eine erfolgreiche Weinlese!