Saladin u. die Tuchmacher - Infotafel 8

»bien cornu et bien capable« – ein ganz besonderer Geißbock

Die etwa neun Kilometer Luftlinie von Lambrecht entfernte Weinbaugemeinde und Stadt Deidesheim hat seit Menschengedenken großen Waldbesitz, für den sie immer wieder in Teilen Nutzungsrechte an andere Gemeinden vergab. Hierbei handelte es sich aber nicht, wie man heute vermuten könnte, vorrangig um die Holznutzung, sondern insbesondere um die Nutzung der Wälder als Viehweiden. 1404 bestätigte König Rupprecht den Nonnen von St. Lambrecht das alte Recht, ihr Vieh im nahen Deidesheimer Wald zu weiden. 

 

In einer schier unüberschaubaren Abfolge von teilweise grotesken Rechtsstreitigkeiten wurden bis in das 19. Jahrhundert hinein immer wieder aufs Neue die Rechte und Pflichten der beiden Gemeinden geregelt.

 

Eine dieser Abmachungen mit Lambrecht sieht bis heute die jährliche Lieferung eines stattlichen und zur Zucht geeigneten Geißbocks (»gut gehörnt und fähig«) vor. 1808 musste sogar Napoleon Bonaparte die erneuerte Regelung zur Weidenutzung gegen Geißbock sowie zur Untersagung von Holzeinschlag bestätigen.

Heute vergütet Deidesheim die Lieferung des Bocks mit Wein – aus dem jahrhundertealten Ärgernis ist eine freundschaftliche Tradition erwachsen mit Festen und einem fünfjährlich wiederkehrenden historischen Freilufttheater. Noch immer wird der Bock zu Fuß vom jüngsten Ehepaar der Stadt Lambrecht nach Deidesheim geführt. Heute mit großem, wanderlustigem Gefolge.